Traumberufe in Lippstadt
Fleischer und Fachverkäufer
im Lebensmittelhandwerk
(m/w/d)
Dominik Busch ist Vizeweltmeister im Friseurhandwerk. In seinen Salons möchte er seinen Angestellten „ein Spielfeld geben, um ihre kreativen Talente auszuleben.“ Foto: Cordes
„Gegessen wird immer“
Die Fleischerei Schäfermeier setzt auf Fleisch aus der nahen Region
von Karin Cordes
Kurze Transportwege. Regionale Lieferanten. Mehrwegverpackungen. Auch im Lebensmittelhandwerk bekommt das Thema Nachhaltigkeit einen immer höheren Stellenwert – gerade in kleineren und familiengeführten Unternehmen: „Wir pflegen einen verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln“, versichert Waldemar Schneider. Als Personalleiter der Lippstädter Fleischerei Josef Schäfermeier ist er auch verantwortlich für die derzeit 15 Auszubildenden, die in über 20 Filialen eine Ausbildung zum/zur Fleischer/in oder Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk absolvieren. Dabei geht es um die Wurst – aber auch noch um viel mehr, wie uns Waldemar Schneider und Fleischermeister Jens Göber im Gespräch erklärten:
Was ist das Besondere an diesen beiden Ausbildungsberufen?
Waldemar Schneider: Das Besondere ist die Vielfalt der Arbeit. Wir sind ein Familienbetrieb und unsere Auszubildenden können in alle Bereiche hineinschnuppern. Hier herrscht im Gegensatz zu großen Betrieben keine Fließbandarbeit. Im Gegenteil. Das ganze Wissen des Handwerks wird ein- und umgesetzt. Wir verarbeiten ausschließlich Fleisch, das von Tieren aus der nahen Region stammt. Es wird von unserem Lippstädter Schlachtbetrieb geliefert. Danach beurteilen unsere Mitarbeiter die Qualität des Fleisches. Sie zerlegen es in die einzelnen Teile wie Braten, Nacken oder Schnitzel und bereiten es für den Verkauf vor. Dabei gehört die Arbeit in der Wurstküche und die Herstellung von Spezialitäten ebenso zum beruflichen Alltag. Es geht um Marinieren, Würzen, Experimentieren oder um das Erstellen neuer Spezialitäten. Dies stets nach den gesetzlichen Vorgaben. Schließlich geht es hier um frische Lebensmittel. Da ist strenge Hygiene erforderlich.
Dies gilt ebenso bei einer Ausbildung als Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk. Hier berät und bedient man die Kunden und braucht dafür jede Menge Fachwissen. Man muss Tipps geben können, welches Stück Fleisch sich zum Kurzbraten eignet. Aber auch, wie lange die Garzeit ist oder welche Salami besonders mild schmeckt. Ebenso gehört die appetitliche Gestaltung der Theke in den Händen des/der Fachverkäufer/in. Die Ware muss optisch präsentiert werden – natürlich unter Gewährleistung der Frische. Im hinteren Thekenbereich werden außerdem Produkte und Spezialitäten gewürzt und veredelt. Auch die Gestaltung ganzer Platten mit Wurst- und Fleischwaren gehört zu den Aufgaben. Und dies immer so, dass das Auge mitisst.
Wie sieht es in den beiden Berufen mit dem Thema Umwelt und Nachhaltigkeit aus?
Jens Göber: Das Thema Rohstoffschonung ist längst in der Lebensmittelbranche angekommen. Dabei geht es nicht nur darum zu schauen, wie man Strom, Gas und Treibstoff einsparen kann, sondern auch um die Reduzierung von Verpackung. Wir liefern beispielsweise schon lange in Mehrwegverpackungen. Zum Thema Nachhaltigkeit gehört für uns jedoch auch die Wertschätzung von Lebensmitteln und damit auch, die Wertschätzung und das Wohl der Tiere, deren Fleisch bei uns verarbeitet wird. Natürlich werden die Tiere geschlachtet. Doch bis dahin leben sie ein gutes Leben und auch die Fahrt zum Schlachthof ist für die Tiere mit so wenig Stress wie möglich verbunden. In großen fleischverarbeitenden Betrieben werden die Tiere oft viele Stunden über die Autobahn transportiert. Teilweise kommen sie sogar aus dem Ausland zum Schlachthof. Für unseren Betrieb bedeutet Nachhaltigkeit, dass die Tiere aus der nahen Region stammen und maximal eine Stunde transportiert werden. Auch nach der Schlachtung geht es um fachgerechte Produktion und einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln. Hier landet so gut wie nichts in der Tonne.
Welche Voraussetzungen sollten junge Menschen für diese beiden Berufe mitbringen?
Waldemar Schneider: Wir achten weniger auf die Schulnoten, sondern mehr auf den Menschen. Bei beiden Berufen sollte man eine gewisse Begeisterung und Leidenschaft für frische Lebensmittel haben. Wichtig ist auch die Fähigkeit und Freude, in einem Team zu arbeiten – denn beide Berufe sind ein „Mannschaftsspiel“, man arbeitet Hand in Hand zusammen. Auch Kreativität spielt eine Rolle. Als Fleischer muss ich neue Kreationen entwickeln und als Fachverkäufer/in die Platten oder die Theke ansprechend gestalten. Die Arbeit in der Wurstküche beginnt frühmorgens um 3. Es schadet also nicht, ein Frühaufsteher zu sein. Als Fachverkäufer/in kann ich zwar länger schlafen. Jedoch muss ich service- und kundenorientiert denken und ein kommunikatives, offenes und freundliches Auftreten haben.
Die 21-jährige Gina Stinn ist bereits im dritten Jahr ihrer Ausbildung und somit auch mit Färbetechniken und Haarfarben vertraut. Foto: Cordes
Gibt es Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten?
Jens Göber: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. So gibt es viele Weiterbildungsmöglichkeiten oder Lehrgänge zu den verschiedensten Themen. Dann kann man – am besten nach einigen Jahren der beruflichen Erfahrung als Geselle – natürlich auch den Meister machen. Selbst dies Meisterausbildung ist inzwischen unterteilt in verschiede Bereiche, wie beispielsweise Feinkost oder Produktion. Eine Ausbildung zum Fleischer ist ebenfalls eine gute Basis für eine Weiterbildung zum Lebensmitteltechniker.
Haben beide Berufe Ihrer Meinung nach eine Zukunft?
Waldemar Schneider: Natürlich gibt es einschneidende Veränderungen in unserer Branche. Der Trend nach vegetarischer oder veganer Ernährung nimmt zu. Dem geänderten Bedarf passt sich unsere Branche an und bietet neben den klassischen Produkten verstärkt alternative vegetarische Produkte. Doch generell denke ich, dass es auch in Zukunft viele Menschen geben wird, die ein qualitativ hochwertiges Stück Fleisch aus artgerechter Haltung und verantwortungsvoller Produktion durchaus zu genießen wissen. Daher sehe ich positiv in die Zukunft beider Berufsbilder. Gegessen wird schließlich immer.
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3 Fragen an …
… Ernst-Alfred Kleeschulte, Obermeister der Fleischer-Innung Hellweg-Lippe
Welchen Beitrag leisten Fleischerinnen und Fleischer sowie Fachverkäuferinnen und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk, um das Klima zu schützen?
Handwerksfleischerinnen und -fleischer legen immer schon ein besonderes Augenmerk auf den Klimaschutz, zum Beispiel durch kurze Wege: Wir kaufen regional und frisch unsere Schlachttiere und Zutaten und verkaufen unsere Produkte dann direkt an unsere Kunden „um die Ecke“ oder auch auf Frische-Wochenmärkten. Wir reduzieren dabei die Transport-Verpackungen und verkaufen gerne direkt in den eigenen Einkaufsbeutel der Kundschaft. Sollten am Ende des Tages noch Waren übrig bleiben, arbeiten wir mit den „Tafeln“ eng zusammen.
Welchen Stellenwert hat der Themenkomplex Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Regionalität in der Berufsausbildung von Fleischerinnen und Fleischern sowie Fachverkäuferinnen und Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk?
Energiesparendes Produzieren, weniger Verpackungsabfälle und regionale Zutaten oder Spezialitäten fließen fortwährend in die Ausbildung unseres Berufsnachwuchses mit ein. In den Ausbildungsbetrieben sind die jungen, angehenden Fachkräfte unmittelbar an der täglichen Herstellung unserer Fleisch- und Wurstwaren, aber auch aller weiteren Produkte beteiligt und erleben so hautnah, wie sich ressourcensparender Umgang mit allen Materialien und Rohstoffen auswirkt. So stärken wir fortwährend das Öko-Bewusstsein unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von heute und morgen.
Wie hat sich das Berufsbild von Fleischerinnen und Fleischern sowie Fachverkäuferinnen und Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerkin den vergangenen Jahren verändert?
Insgesamt sind unsere Ausbildungsberufe durchweg viel beratungsintensiver geworden. Unsere Fachkräfte müssen häufig Kundinnen und Kunden zu Inhaltsstoffen oder auch möglichen Allergien Auskunft geben. Auch reicht es heute nicht mehr, wenn die Fleischerei einfach „nur“ gute Wurst und Fleisch anbietet. Die Kunden verlangen genauso leckere Mittagstisch-Angebote, einen tollen Partyservice, regionale und saisonale Spezialitäten oder Tipps rund ums Thema Küche und Kochen. All das wird schon unserem Nachwuchs mit auf den Berufsweg gegeben.
Die Fakten zur Ausbildung
Ausbildungsdauer:
3 Jahre
Vergütung monatlich:
650 € im 1. Lehrjahr
750 € im 2. Lehrjahr
900 € im 3. Lehrjahr
Abgeschlosssene Ausbildungsverträge
in 2021:
Fleischer/in: 9/28
Fachverkäufer/in: 6/27
Berufsschulstandort:
Dortmund
Weitere Zahlen:
Aktuell hat die Fleischer-Innung Hellweg-Lippe 35 Mitgliedsbetriebe in ihren Reihen.
Der Beruf in aller Kürze „Fleischer“
Als Fleischer/in bzw. Metzger/in weiß man, wie man Fleisch fachgerecht verarbeitet, zum Beispiel zu saftigen Steaks oder köstlicher Wurst. Zudem kennt man sich mit der Herstellung von Feinkostwaren und Konserven aus. Im Arbeitsalltag werden hochmoderne Techniken und Verfahren genutzt. Dabei steht immer die Qualität der Produkte im Mittelpunkt.
Als Fleischerei-Fachverkäufer/in macht man den Kunden die Fleischerware schmackhaft, indem man sie appetitlich und dekorativ präsentiert. Man weiß über die Herstellung Bescheid, kennt sich bestens mit den Hygienevorschriften aus und kann die Kunden kompetent und individuell beraten. Auch das Auszeichnen der Waren und das Zubereiten von Speisen wie beispielsweise Wurstplatten oder frischen Salaten gehört zu den Aufgaben.
Mit einer Ausbildung im Fleischerhandwerk stehen viele Wege offen. In drei Jahren Ausbildung lernt man nicht nur eine Menge über Wurst, man erwirbt zudem umfassendes Wissen über andere Lebensmittel und den richtigen Umgang mit ihnen. Auch die gründliche Planung und Vorbereitung von Produktionsabläufen oder Veranstaltungen gehören dazu. Man lernt das Arbeiten mit moderner Technik, aber auch den richtigen Umgang mit Kunden im Laden, bei der Beratung für Events oder im Partyservice. In der Ausbildung im Fleischerhandwerk wird man zum gefragten Ansprechpartner zum Thema Genuss – und das nicht nur in Deutschland. Wer hier ausgebildet wurde, hat überall auf der Welt eine Chance, denn leckere Spezialitäten aus Deutschland und ihre Hersteller genießen weltweit einen hervorragenden Ruf.