Individuelle Möbel statt luxuriöser Yachten
Autor: Gabi Bender
Nach zwei Praktika hatte Max Obertrifter die Wahl: exklusive Innenausbauten für Luxusyachten zu fertigen oder individuelle Möbel hauptsächlich für Privatkunden herzustellen. „Ich habe mich dazu entschlossen, meine Ausbildung bei der Möbel- und Bautischlerei Fuisting zu machen, da ich das Gefühl hatte, das ich hier mehr vom Handwerk des Tischlers lernen kann als in dem auf Yachten spezialisierten Betrieb, in dem viel mit Maschinen automatisiert ablief.“
Max Obertrifter hat nach seinem Abitur zwei Praktika absolviert und hätte bei beiden Tischlereien eine Ausbildung beginnen können. Entschieden hat er sich für den Soester Traditionsbetrieb Fuisting. Foto: Gabi Bender
Seit August ist der Neheimer im zweiten Ausbildungsjahr und hat seine Entscheidung nicht bereut. „Besonders gut gefällt mir die Vielfalt, denn hier wird aus Holz alles gefertigt, was das Herz begehrt.“ Das erste große Projekt, an dem der 19-Jährige mitarbeiten durfte, war ein großer Einbauwandschrank. „Ich habe in der Werkstatt daran mitgearbeitet und war auch später beim Einbau mit dabei.“
Auch wenn er erst ein Drittel seiner Ausbildung absolviert hat, hat sich Max Obertrifter schon Gedanken dazu gemacht, wie es nach der Ausbildung weitergehen soll. „Nach der Ausbildung möchte ich definitiv erst mal als Tischler weiterarbeiten und Erfahrung sammeln.“ Eine Entscheidung, die Egbert Nagel sehr gut nachvollziehen kann. Der Betriebsleiter ist nach seiner Ausbildung zum Tischler ebenfalls bei dem Familienbetrieb geblieben und arbeitet dort mittlerweile seit über 45 Jahren.
„Die Kenntnisse, die man durch eine Ausbildung erhält und als Geselle vertieft, kann man im späteren Berufsleben immer gebrauchen – unabhängig davon, ob man danach noch studiert oder seinen Meister beziehungsweise Techniker macht“, erklärt der 60-Jährige. „Wenn man jemandem mit einer solchen Ausbildung gegenübersteht, merkt man sofort, da steckt mehr hinter als theoretisches Wissen. Da kennt jemand die Abläufe. Auch wenn derjenige später eine leitende Funktion hat und mal Probleme auftreten, kann er diese besser nachvollziehen und daher anders mit ihnen umgehen.“
An der Kreissäge darf der angehende Tischler Max Obertrifter erst arbeiten, seitdem er im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung den entsprechenden Maschinenlehrgang absolviert hat. Foto: Gabi Bender
Ein weiteres großes Plus am Beruf des Tischlers ist, dass man mit dem erworbenen Wissen und den Fähigkeiten viel in den eigenen Wänden machen kann. „Ich habe zu Hause keine gekauften Möbel, denn meine Möbel habe ich alle selbst gemacht – Bett, Küche einfach alles“, verrät Egbert Nagel. Die Begeisterung für seinen Beruf hat in all den Jahren nicht nachgelassen. „Ich mache das immer noch sehr gerne und es gibt kein Jahr, in dem ich nicht irgendetwas selber baue. Dieses Jahr habe ich schon einen großen Buffet-Schrank und einen 2,20 m langen Tisch gebaut. Das nächste Projekt sind zwei Kommoden fürs Wohnzimmer.“
Auch Max Obertrifter hat in seiner Freizeit schon einiges hergestellt. „Mit meinem Vater habe ich schon früher sehr viel selbst gemacht – zum Beispiel einen Schuppen für Mülltonnen. Mein Vater ist Handwerksmeister, hat sich allerdings für den Metallbau entschieden“, berichtet der 19-Jährige und erklärt gleich, warum dieser Beruf für ihn nicht in Frage kam. „Ich möchte das Werkstück, mit dem ich arbeite, mit den Händen bearbeiten können. Und das geht bei Holz deutlich besser als bei Metall.“
Bei der Tischlerei Fuisting ist auch jede Menge Handarbeit gefragt, wobei dort natürlich auch Maschinen zum Einsatz kommen. „Ich arbeite mit der Kreissäge, der Abrichte, dem Dickenhobel, der Plattenkreissäge, dem Bandschleifer, dem Breitbandschleifer, der Fräse und natürlich mit Handmaschinen wie einem Akkuschrauber.“ Später wird der Neheimer wohl auch an einer CNC-gesteuerten Maschine arbeiten, denn der Kauf ist schon seit Längerem geplant. „Auf der Fläche, die wir dafür ursprünglich vorgesehen hatten, montieren wir derzeit sehr viele Fenster und lagern die, die wir im Vorlauf haben“, sagt Inhaberin Ute Fuisting. „Daher haben wir vor Kurzem ein angrenzendes Grundstück gekauft, auf dem ein Lager entstehen soll. So können wir dort fertige Produkte unterbringen und haben in der Werkstatt wieder ausreichend Fläche für das CNC-Bearbeitungszentrum.“
Zum Einschneiden der Schwalben für eine offene Zinkung, wie diese traditionelle Holzverbindung genannt wird, hat Max Obertrifter das Schwalbenteil in die Hinterzange der Hobelbank eingespannt. Foto: Gabi Bender
Derzeit gehören 26 Mitarbeiter zum Team der Tischlerei Fuisting – inklusive der sechs Azubis, die sich gleichmäßig auf die drei Ausbildungsjahre verteilen. Für die 2025 startende Ausbildung hat das Familienunternehmen noch Plätze frei. „Für uns ist ein Praktikum Pflicht„, stellt Ute Fuisting vorab klar, „denn wir nehmen ausschließlich Azubis, die wir im Rahmen eines Praktikums kennengelernt haben.“ Zu den weiteren Voraussetzungen äußert sich Betriebsleiter Egbert Nagel: „Wichtig ist für uns zu sehen, ob ein junger Mensch Interesse zeigt und wie er an Dinge herangeht. In der Regel können wir schon am Gesicht ablesen, ob ihm die Arbeit in unserer Tischlerei Spaß macht und das ist uns wichtig.“
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1. Was ist für Sie das Beste an Ihrem Handwerk?
Das Beste am Tischlerhandwerk ist die Möglichkeit, täglich kreativ zu arbeiten und mit einem natürlichen, lebendigen Werkstoff wie Holz zu hantieren. Es wird völlig unterschätzt, wie toll es ist, am Ende des Tages ein sichtbares und greifbares Ergebnis in den Händen zu halten, das man selbst erschaffen hat. Wirklich jedes Projekt ist anders und bringt neue Herausforderungen. Dabei ist es fast egal, was gefertigt wird, – das Endprodukt macht stolz und zufrieden.
2. Was können junge Menschen nach der Ausbildung in diesem Handwerk machen?
Eine handwerkliche Ausbildung im Tischlerhandwerk ist eine wertvolle Qualifikation, die weltweit Anerkennung findet und einen hohen Stellenwert hat. Diese Ausbildung kann einem niemand mehr nehmen und sie bietet eine hervorragende Basis für jede weitere berufliche Entwicklung. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn die jungen Menschen im Handwerk bleiben und dort ihr Glück finden. Darüber hinaus ist eine abgeschlossene Berufsausbildung im Tischlerhandwerk die beste Grundlage für weiterführende Studiengänge oder Fortbildungen.
3. Was überrascht die Menschen am meisten, wenn Sie von Ihrem Handwerk erzählen?
Viele Menschen sind überrascht, wie vielfältig und anspruchsvoll das Tischlerhandwerk ist. Es ist nicht nur das Zuschneiden und Zusammenbauen von Holz. Tischler arbeiten mit modernen, computergesteuerten Maschinen und müssen sich mit nahezu allen Materialien wie zum Beispiel Glas, Metall und Kunststoff auskennen. Ein weiterer Aspekt ist die Nachhaltigkeit unseres Handwerks. Wir fertigen hochwertige, langlebige Produkte und tragen somit einen großen Beitrag zum Klimaschutz bei.
Die Fakten zur Ausbildung
Ausbildungsdauer:
3 Jahre
Monatliche Vergütung ab:
740 € im 1. Lehrjahr
870 € im 2. Lehrjahr
1.000 € im 3. Lehrjahr
Abgeschlossene Ausbildungsverträge in 2023:
36 / 97 insgesamt
Berufsschulstandort:
Soest
Zahl der Innungsbetriebe:
94
Der Beruf in aller Kürze
Ein Tischler baut Möbel, Inneneinrichtungen, Fenster, Türen sowie Messe- und Ladeneinrichtungen. Oft handelt es sich bei den Werkstücken um Einzelanfertigungen. Er arbeitet mit modernen, teilweise computergesteuerten Maschinen. Aber auch die Grundfertigkeiten Sägen, Hobeln, Schleifen und die Behandlung von Holzoberflächen müssen beherrscht werden.
Tischler bauen verschiedenen Erzeugnisse und reparieren beschädigte Möbel und andere Einrichtungsgegenstände.
Weitere Infos zur Ausbildung unter www.born2btischler.de