Der Trend geht zu umwelt- und tierfreundlicher Produktion
Autor: Helga Wissing
Im kommenden Jahr feiert die Lippstädter Fleischerei Schäfermeier bereits ihr 60-jähriges Bestehen. 1965 gründete Fleischermeister Josef Schäfermeier das Unternehmen, das inzwischen über 30 Filialen besitzt. Noch immer versteht sich die Fleischerei Schäfermeier als Familienunternehmen und die Werte des Firmengründers haben auch heute noch Geltung: partnerschaftliches Miteinander und der Anspruch, „eine ordentliche Wurst“ herzustellen. Ganz nach handwerklichem Brauch und zugleich mit fortschrittlichen Methoden. Im Interview stellt Personalleiter Waldemar Schneider den Beruf Fleischer/in und die Ausbildung zum/zur Fleischereifachverkäufer/in vor. Bei Schäfermeier, so Waldemar Schneider, können die Auszubildenden in alle Bereiche „hineinschnuppern“.
Hier geht es um die Wurst: Ein langjähriger Mitarbeiter bei der Firma Schäfermeier ist der Fleischergeselle Wolfgang Galinski. Foto: Helga Wissing
Was ist das Besondere am Beruf des/der Fleischers/in?
„Es ist vor allem die Vielfalt. Wir bekommen das Fleisch von unserem Schlachtbetrieb geliefert und verarbeiten es zu Fleisch- und Wurstspezialitäten. In großen Betrieben verläuft die Zerlegung des Fleisches oft wie am Fließband. Da macht jeder Mitarbeitende immer wieder denselben Handgriff. In kleineren Betrieben wie bei uns ist das anders. Hier kommt das ganze Wissen des traditionellen Handwerks zum Tragen. Unser Mitarbeiterteam beurteilt die Qualität des Fleisches im ganzen Stück. Die einzelnen Teile wie Braten, Nacken und Schnitzel werden zerlegt und zum Verkauf vorbereitet. Zum Arbeitsalltag gehören auch die Arbeit in der Wurstküche und die Herstellung von Spezialitäten. Da geht’s um Marinieren, Würzen, Experimentieren für den bestmöglichen Geschmack – und dies stets nach den gesetzlichen Vorgaben.“
Und was ist das Reizvolle am Beruf Fleischereifachverkäufer/in?
„Auch hier stehen die abwechslungsreichen Aufgaben und dazu der tägliche Umgang mit der Kundschaft im Mittelpunkt. Um nicht nur freundlich, sondern auch kompetent beraten zu können, braucht man eine Menge Fachwissen. Man muss beispielsweise Tipps geben, welches Stück Fleisch sich zum Kurzbraten eignet. Oder auch, wie lange die Garzeit ist und welche Salami besonders mild schmeckt. Da geht es um detaillierte Warenkenntnisse. Gleichzeitig gehört auch die ansprechende Gestaltung der Theke dazu. Im hinteren Thekenbereich werden außerdem Produkte und Spezialitäten gewürzt und veredelt. Ebenso gestalten Fachverkäufer/innen ganze Platten mit Wurst- und Fleischwaren.“
Zwei der insgesamt 17 Auszubildenden sind der 24-jährige Kali Muthuray (l.) aus Indien und sein Landsmann Manihandan Subramarian (25). Beide sind im Rahmen des Fachkräfteprojekts Magic Billion in Lippstadt. Foto: Helga Wissing
Welche Voraussetzungen sollten junge Menschen für beide Berufe mitbringen?
„In unserem Unternehmen achten wir weniger auf den Notendurchschnitt. Es geht uns um den Menschen. Bei beiden Berufen ist es eine Grundvoraussetzung, dass man eine Leidenschaft für frische Lebensmittel hat. Wichtig sind auch kunden- und serviceorientiertes Denken sowie die Fähigkeit und Freude, gemeinsam in einem Team zu arbeiten. Aber auch Kreativität ist gefragt – beispielsweise wenn es darum geht, neue Rezepturen zu kreieren. Der Arbeitsalltag in der Wurstküche beginnt bei uns bereits um drei Uhr, ab sechs Uhr finden auch andere Tätigkeiten statt. Da muss man schon zu den Frühaufstehern gehören. Die Fachverkäufer/innen dürfen da etwas länger schlafen. Bei ihnen kommt es neben dem Fachwissen besonders auf ein freundliches Auftreten und eine gute Kommunikationsfähigkeit an.“
Ist der Beruf des Fleischers auch für Frauen geeignet?
„Natürlich können auch Frauen diese Tätigkeit ausüben. Es müssen schon lange keine Schweinehälften mehr geschleppt werden. Die Technik übernimmt vieles. Ein wenig Fitness kann aber nicht schaden, denn es müssen manchmal doch noch zehn bis 20 Kilo getragen werden. In unserem Betrieb haben wir tatsächlich eine ausgelernte Fleischerin, die ihre Arbeit super macht. Das ist tatsächlich eine Ausnahme und der Beruf nach wie vor ein typischer Männerberuf. Frauen interessieren sich in der Regel doch mehr für die Arbeit als Fachverkäuferin hinter der Theke.“
Fleischereifachverkäuferin Sandra Neumann und Personalleiter Waldemar Schneider in einer Schäfermeier-Filiale in Lipperode. Foto: Helga Wissing
Haben beide Berufe eine Zukunft?
„Auf jeden Fall. Wer eine Ausbildung als Fleischer/in oder Fachverkäufer/in anstrebt, hat einen krisensicheren Job. Bei uns beispielsweise werden alle Auszubildenden übernommen. Leider gibt es in der Branche immer noch einige schwarze Schafe. Darunter leidet auch die Wertschätzung für dieses Handwerk. Doch in der Fleischbranche deuten sich Veränderungen an. Der Trend geht zu kleinen und familiären Betrieben mit umwelt- und tierfreundlicher Produktion. Allerdings ist hier auch der Verbraucher gefragt. Qualitätsfleisch, das aus artgerechter und tierfreundlicher Haltung stammt, hat seinen Preis.“
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1. Was ist für Sie das Beste an Ihrem Handwerk?
Für mich ist das Beste die Arbeit mit den Menschen – den Mitarbeitern und den Kunden. Sehr gut finde ich, dass wir sehr flexibel und prompt reagieren und individuell auf Kundenbestellungen eingehen können. Außerdem schätze ich den jahreszeitlichen Wechsel. Pfingsten liegt gerade hinter uns. Diese Feiertage nutzen traditionell viele Leute um wegzufahren. Dafür nehmen sie sich dann gerne etwas vom Metzger ihres Vertrauens vorportioniert und vakuumiert mit – als Mitbringsel oder zum selbst Genießen. Jetzt haben wir Grillsaison, im Herbst sind warme Sachen sehr nachgefragt. Im Winter bekommen wir sehr viele Bestellungen von Kunden, die sich für die Feiertage etwas Besonders für sich überlegt haben.
2. Was können junge Menschen nach der Ausbildung in diesem Handwerk machen?
Sie können unter anderem eine Weiterbildung zum Verkaufsleiter machen oder die Meisterprüfung absolvieren und eine oder mehrere Filialen oder gleich einen ganzen Betrieb leiten. Alternativ können sie an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo Lebensmitteltechnologie studieren und danach bei großen Industriebetrieben als Lebensmittelingenieur arbeiten.
3. Was überrascht die Menschen am meisten, wenn Sie von Ihrem Handwerk erzählen?
Wie gewissenhaft wir mit unserem Produkt arbeiten und wie umfangreich und aufwendig unsere Arbeit ist. Und dass wir trotzdem so flexibel agieren können, um die Wünsche der Kunden zu erfüllen – inklusive einer fachkundigen Beratung zur optimalen Zubereitung.
Die Fakten zur Ausbildung
Ausbildungsdauer:
3 Jahre
Monatliche Vergütung ab:
1000 € im 1. Lehrjahr
1100 € im 2. Lehrjahr
1250 € im 3. Lehrjahr
Abgeschlossene Ausbildungsverträge in 2023:
Fleischer/in: 10 / 22 insgesamt
Fachverkäufer/in: 11 / 28 insgesamt
Berufsschulstandort:
Dortmund
Zahl der Innungsbetriebe:
36
DER BERUF IN ALLER KÜRZE
Als Fleischer/in bzw. Metzger/in weiß man, wie man Fleisch fachgerecht verarbeitet, zum Beispiel zu saftigen Steaks oder köstlicher Wurst. Zudem kennt man sich mit der Herstellung von Feinkostwaren und Konserven aus. Im Arbeitsalltag werden hochmoderne Techniken und Verfahren genutzt. Dabei steht immer die Qualität der Produkte im Mittelpunkt.
Als Fleischerei-Fachverkäufer/in macht man den Kunden die Fleischerware schmackhaft, indem man sie appetitlich und dekorativ präsentiert. Man weiß über die Herstellung Bescheid, kennt sich bestens mit den Hygienevorschriften aus und kann die Kunden kompetent und individuell beraten. Auch das Auszeichnen der Waren und das Zubereiten von Speisen wie beispielsweise Wurstplatten oder frischen Salaten gehört zu den Aufgaben.
Mit einer Ausbildung im Fleischerhandwerk stehen viele Wege offen. In drei Jahren Ausbildung lernt man nicht nur eine Menge über Wurst, man erwirbt zudem umfassendes Wissen über andere Lebensmittel und den richtigen Umgang mit ihnen. Auch die gründliche Planung und Vorbereitung von Produktionsabläufen oder Veranstaltungen gehören dazu. Man lernt das Arbeiten mit moderner Technik, aber auch den richtigen Umgang mit Kunden im Laden, bei der Beratung für Events oder im Partyservice. In der Ausbildung im Fleischerhandwerk wird man zum gefragten Ansprechpartner zum Thema Genuss – und das nicht nur in Deutschland. Wer hier ausgebildet wurde, hat überall auf der Welt eine Chance, denn leckere Spezialitäten aus Deutschland und ihre Hersteller genießen weltweit einen hervorragenden Ruf.
Weitere Infos zu den Berufen unter www.fleischerberufe.de