Präzise arbeitet Daniela Clever mit ihrem Schrifthammer die Blütenblätter einer Kornblume aus dem hellen Kalkstein mit dem Handelsnamen "Ozean beige" heraus. Anschließend widmet sich die Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin mit viel Liebe zum Detail den Mohnblumen, dem Lavendel, den Tulpen und den Vergiss mein nicht. Auch der Schmetterling, der scheinbar gleich auf einer der Blüten landen möchte, wird von ihr in der Werkstatt der R. Wöhrle Natursteinhandel GmbH reliefartig in den Stein gehauen.

Wenn die Arbeit mit dem Hammer beendet ist, ist dieser Stein aber noch nicht fertig, denn in einem weiteren Schritt malt die Auszubildende Anna Flakowski die Blumen und den Schmetterling noch bunt an. Erst danach kommt der Gedenkstein auf die Grabstätte, um dort die Erinnerungen an den Verstorbenen wachzuhalten. "Die Blumenwiese auf dem Grabstein war ein Kundenwunsch, den wir sehr gerne umsetzen", sagt Daniela Clever. "Wir freuen uns, wenn sich die Hinterbliebenen in die Gestaltung des Grabmals einbringen, denn so entsteht etwas sehr Persönliches."

Ein ausführliches Gespräch mit den Hinterbliebenen ist Verena und ihrem Mann Mario Wöhrle, die bereits die vierte Generation des Familienunternehmens sind, daher sehr wichtig, um sie über alle Möglichkeiten der Grabmalgestaltung zu informieren. Schließlich gibt es eine Fülle an Natursteinarten mit ihren besonderen Farben und Formen, vielfältige Schriftarten und verschiedene Varianten, Zahlen und Buchstaben oder Schriftzüge in den Stein zu meißeln oder darauf zu befestigen.

Daniela Clever bearbeitet eine Stele aus Ibbenbürener Sandstein - Traumberuf Steinmetz 2025
Mit Hammer und Meißel bearbeitet Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin Daniela Clever eine Stele aus Ibbenbürener Sandstein, die zu einem Ensemble aus drei Stelen gehört, das im kommenden Monat auf dem Friedhof in Hamm-Berge aufgestellt werden soll. Darauf werden die Namen der 50 Menschen aufgebracht, deren Urnen dort beigesetzt worden sind. Foto: Gabi Bender

In Sachen Natursteine ist das Unternehmen mit seiner 123-jährigen Historie absoluter Experte, denn über viele Jahre hat die Familie einen Naturstein-Großhandel betrieben. "Leopold Wöhrle, der Opa meines Vaters, hat das Unternehmen 1902 in Berlin gegründet", erzählt Verena Wöhrle. Der Steinmetz- und Steinbildhauermeister hat Prachtbauten in ganz Deutschland restauriert und hat seine Leidenschaft für das Arbeiten am Stein scheinbar an seine drei Söhne vererbt, denn auch sie erlernten das Steinmetzhandwerk. "Mein Opa Erich Wöhrle war es schließlich, der sich in Hamm eine neue Existenz aufgebaut und viele Kirchen wie die Stephanuskirche in Heessen, die Lambertikirche in Walstedde sowie die Agneskirche und die Liebfrauenkirche in Hamm restauriert hat."

Sein Sohn Rainer Wöhrle, der seinen Steinmetz- und Steinbildhauermeister 1964 gemacht hat, führte das Unternehmen erfolgreich weiter und gründete den Natursteinhandel. Noch heute ist der 84-Jährige Teil der Geschäftsführung und die gute Seele des Familienbetriebs, der in der Münsterstraße 167 in Hamm ansässig ist. "Vor etwa 20 Jahren haben wir uns dazu entschieden, uns wieder mehr auf den regionalen Bereich zu konzentrieren", sagt Mario Wöhrle. "Seitdem sind Grabsteine und Grabanlagen wieder unser Hauptgeschäft, wobei wir seit einiger Zeit auch Restaurierungen machen." Einige Denkmäler hat das Team bereits restauriert, aktuelles Projekt ist ein Bildstock. "Den reinigen wir und verfugen ihn neu und ersetzen außerdem fehlende Elemente", erläutert Daniela Clever, die nach ihrem Meister auch die Fortbildung zur Restauratorin im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk gemacht hat.

Daniela Clever flext einen Rohblock aus Ibbenbürener Sandstein - Traumberuf Steinmetz 2025
Mit der Flex bringt Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin Daniela Clever einen Rohblock aus Ibbenbürener Sandstein in die gewünschte Form. Foto: Gabi Bender

Die 47-Jährige hat sich schon früh für dieses Handwerk interessiert. "Mich hat schon immer fasziniert, was man aus Stein alles machen kann." Inspiriert hat sie seinerzeit ein Steinbildhauerpärchen aus der Nachbarschaft. "Die hatten so schöne Skulpturen im Garten stehen und haben dort auch daran gearbeitet. Das wollte ich auch können." Diese Begeisterung für das Material Stein ist eine der Grundvoraussetzungen, die man mitbringen sollte, wenn man sich für die Ausbildung zum Steinmetz oder zur Steinbildhauerin interessiert. "Handwerkliches Geschick, Kreativität und eine gewisse künstlerische Veranlagung sind ebenfalls von Vorteil", ergänzt Daniela Clever. "Außerdem sollte man mitanpacken können, wobei man nicht unbedingt Kraft dafür braucht."

Drei Antworten von...

...Christoph Determann, Obermeister der Bildhauer- und Steinmetz-Innung Hellweg-Lippe

Christoph Determann, Obermeister der Bildhauer- und Steinmetz-Innung Hellweg-Lippe

1. Wie wichtig ist es für Ihr Gewerk, dass Menschen mit verschiedenen persönlichen und beruflichen Hintergründen im Handwerk ein "Zuhause" finden?

Im Handwerk ist jeder willkommen, der handwerkliche Fähigkeiten mitbringt. Wenn eine Ausbildung angestrebt wird, sollten die Voraussetzungen gegeben sein, diese erfolgreich abzuschließen. Das ist auch in unserem Gewerk so. Bildungsstand, ethnische Herkunft, Sprachbarrieren beziehungsweise vorherige Ausbildungen anderer Art sehe ich eher als Herausforderung an. Wenn Menschen schon vorgeprägt sind, kommt es auf Flexibilität und den Willen an. Auf kulturelle Verschiedenheiten muss man im Einzelfall eingehen können, damit das Handwerk ein „Zuhause“ werden kann.

2. Nicht nur die Menschen, sondern das Handwerk selbst ist vielfältig. Wie erleben Sie diese Vielfalt in Ihrem Gewerk?

Es gibt fast keinen Lebensbereich, in dem Naturstein nicht vorkommt beziehungsweise vorkommen könnte. Fußböden, Küchen, Bäder, Grabdenkmäler, Kirchen, Restaurierungen, Fassadenverkleidungen, freie Bildhauerei – die Vielfalt in unserem Gewerk ist beeindruckend.

3. Wie sehen die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen in Ihrem Gewerk aus?

Nach der Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer können sich die Nachwuchskräfte fachlich weiterbilden. Auch eine Fortbildung zum Gestalter im Handwerk ist möglich. Ebenso der Besuch der Meisterschule, um vielleicht als Meister im Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk einen Betrieb zu übernehmen oder Azubis auszubilden. Mit dem Meisterbrief ist auch ein Studium möglich – sogar ohne Abitur. Wer Historisches erhalten möchte, kann sich für die Weiterbildung zum staatlich geprüften Restaurator im Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk entscheiden.

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