Präzise arbeitet Daniela Clever mit ihrem Schrifthammer die Blütenblätter einer Kornblume aus dem hellen Kalkstein mit dem Handelsnamen "Ozean beige" heraus. Anschließend widmet sich die Steinmetz- und Steinbildhauermeisterin mit viel Liebe zum Detail den Mohnblumen, dem Lavendel, den Tulpen und den Vergiss mein nicht. Auch der Schmetterling, der scheinbar gleich auf einer der Blüten landen möchte, wird von ihr in der Werkstatt der R. Wöhrle Natursteinhandel GmbH reliefartig in den Stein gehauen.
Wenn die Arbeit mit dem Hammer beendet ist, ist dieser Stein aber noch nicht fertig, denn in einem weiteren Schritt malt die Auszubildende Anna Flakowski die Blumen und den Schmetterling noch bunt an. Erst danach kommt der Gedenkstein auf die Grabstätte, um dort die Erinnerungen an den Verstorbenen wachzuhalten. "Die Blumenwiese auf dem Grabstein war ein Kundenwunsch, den wir sehr gerne umsetzen", sagt Daniela Clever. "Wir freuen uns, wenn sich die Hinterbliebenen in die Gestaltung des Grabmals einbringen, denn so entsteht etwas sehr Persönliches."
Ein ausführliches Gespräch mit den Hinterbliebenen ist Verena und ihrem Mann Mario Wöhrle, die bereits die vierte Generation des Familienunternehmens sind, daher sehr wichtig, um sie über alle Möglichkeiten der Grabmalgestaltung zu informieren. Schließlich gibt es eine Fülle an Natursteinarten mit ihren besonderen Farben und Formen, vielfältige Schriftarten und verschiedene Varianten, Zahlen und Buchstaben oder Schriftzüge in den Stein zu meißeln oder darauf zu befestigen.

In Sachen Natursteine ist das Unternehmen mit seiner 123-jährigen Historie absoluter Experte, denn über viele Jahre hat die Familie einen Naturstein-Großhandel betrieben. "Leopold Wöhrle, der Opa meines Vaters, hat das Unternehmen 1902 in Berlin gegründet", erzählt Verena Wöhrle. Der Steinmetz- und Steinbildhauermeister hat Prachtbauten in ganz Deutschland restauriert und hat seine Leidenschaft für das Arbeiten am Stein scheinbar an seine drei Söhne vererbt, denn auch sie erlernten das Steinmetzhandwerk. "Mein Opa Erich Wöhrle war es schließlich, der sich in Hamm eine neue Existenz aufgebaut und viele Kirchen wie die Stephanuskirche in Heessen, die Lambertikirche in Walstedde sowie die Agneskirche und die Liebfrauenkirche in Hamm restauriert hat."
Sein Sohn Rainer Wöhrle, der seinen Steinmetz- und Steinbildhauermeister 1964 gemacht hat, führte das Unternehmen erfolgreich weiter und gründete den Natursteinhandel. Noch heute ist der 84-Jährige Teil der Geschäftsführung und die gute Seele des Familienbetriebs, der in der Münsterstraße 167 in Hamm ansässig ist. "Vor etwa 20 Jahren haben wir uns dazu entschieden, uns wieder mehr auf den regionalen Bereich zu konzentrieren", sagt Mario Wöhrle. "Seitdem sind Grabsteine und Grabanlagen wieder unser Hauptgeschäft, wobei wir seit einiger Zeit auch Restaurierungen machen." Einige Denkmäler hat das Team bereits restauriert, aktuelles Projekt ist ein Bildstock. "Den reinigen wir und verfugen ihn neu und ersetzen außerdem fehlende Elemente", erläutert Daniela Clever, die nach ihrem Meister auch die Fortbildung zur Restauratorin im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk gemacht hat.

Die 47-Jährige hat sich schon früh für dieses Handwerk interessiert. "Mich hat schon immer fasziniert, was man aus Stein alles machen kann." Inspiriert hat sie seinerzeit ein Steinbildhauerpärchen aus der Nachbarschaft. "Die hatten so schöne Skulpturen im Garten stehen und haben dort auch daran gearbeitet. Das wollte ich auch können." Diese Begeisterung für das Material Stein ist eine der Grundvoraussetzungen, die man mitbringen sollte, wenn man sich für die Ausbildung zum Steinmetz oder zur Steinbildhauerin interessiert. "Handwerkliches Geschick, Kreativität und eine gewisse künstlerische Veranlagung sind ebenfalls von Vorteil", ergänzt Daniela Clever. "Außerdem sollte man mitanpacken können, wobei man nicht unbedingt Kraft dafür braucht."