"Gesichter zu rekonstruieren und ihnen den gewünschten Gesichtsausdruck zu verleihen – das sind hoch anspruchsvolle Arbeiten. Das ist das Schwierigste, was man in der Bildhauerei machen kann", sagt Markus Madeia. Vor dieser Herausforderung steht der Steinmetz- und Steinbildhauermeister bei seinem aktuellen Projekt gleich doppelt.
"Unser Betrieb hat den Auftrag bekommen, zwei Ritterstatuen, die auf dem 1882 erbauten Schloss Drachenburg in Königswinter standen und vermutlich schon vor dem zweiten Weltkrieg verschwunden sind, zu rekonstruieren." Zur Verfügung stehen ihm und seinem vierköpfigen Team dafür zwei historische Fotos aus dem Jahr 1880, die aus dem Atelier des Künstlers stammen, der die Figuren erschaffen hat. Diese Fotos hat sich der 50-Jährige in Originalgröße auf zwei Hintergründe drucken lassen, um die dargestellten Ritter genau studieren zu können.
"Das ist vom Aufwand und vom Schwierigkeitsgrad her schon die Champions League in unserem Handwerk", sagt Markus Madeia über sein aktuelles Projekt. Auftraggeber ist die NRW-Stiftung, für die er bereits den historischen, rund 8x8 Meter großen Torbogen vor der Vorburg von Schloss Drachenburg rekonstruiert hat. "Das war eine Steinmetzarbeit, für die wir seinerzeit 50 Tonnen Material verbaut haben."

Ganz so gewichtig ist der neue Auftrag nicht, allerdings nur, wenn man von der reinen Masse ausgeht. Denn die beiden Bronze-Statuen wiegen jeweils etwa 350 Kilogramm und werden nach Fertigstellung mit dem Hubschrauber auf den vorgesehenen Podest gesetzt. Da dort oben eine extreme Windlast herrscht, werden die Platten, auf denen die Statuen stehen, in Bronze gegossen und fest verankert. Die rund zwei Meter großen Ritter erhalten eine aufwändige Edelstahlkonstruktion im Innern, damit auch sie Wind und Wetter trotzen.
Während die ursprünglichen Statuen aus Zink-Guss waren, werden die neuen Ritter in Bronze gegossen. "Denn heute weiß man, dass Zink-Guss, was zur damaligen Zeit eine neue Technologie war, nur 30 bis 40 Jahre hält, und Bronze hält ewig." Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der – kurz gefasst – so aussieht: "Zunächst werden wir einzelne Teile wie beispielsweise die Gesichter in Ton modellieren. Andere Elemente wie die Schwerter, die Schilde und die Lanzen inklusive der Vamplate, wie der Handschutz am Schaft genannt wird, werden wir aus Holz anfertigen. Anschließend werden wir die beiden Ritter in Gips abgießen."
Wenn die beiden Ritterstatuen vollplastisch rekonstruiert sind, werden sie von einer Kommission, zu der unter anderem Eckhard Uhlenberg, der Präsident der NRW-Stiftung, und Prof. Dr. Barbara Schock-Werner, die Vizepräsidentin der NRW-Stiftung und ehemalige Dombaumeisterin zu Köln, gehören, in der Werkstatt des Soester Steinmetz- und Steinbildhauermeister begutachtet. Erst wenn diese Kommission die Plastiken freigibt, gehen diese weiter zum Bronzegießer.

Um die Ritter möglichst authentisch rekonstruieren zu können, plant Markus Madeia unter anderem den einen oder anderen Besuch in Archiven und Museen. "Die Statuen waren sehr überrealistisch, sehr detailverliebt. Das war damals der Zeitgeist, den man bei so einer Arbeit einbeziehen muss." Daher taucht der Bildhauermeister, der seit 2013 auch Staatlich geprüfter Restaurator ist, in die damalige Zeit ein, in der die Kunstwerke entstanden sind. Auch bei einem großen Kirchenportal, das er vor einigen Jahren in Attendorn mit alten und neuen Steinen wieder aufgebaut hat, studierte er zunächst sehr alte Dokumentation, um sich in die damalige Zeit reinversetzen zu können. "In dem Bereich, in dem wir arbeiten, haben wir eine sehr große Verantwortung, der man sich bewusst sein muss", sagt Markus Madeia. "Denn wir erhalten nicht nur Bauwerke, sondern wir erhalten damit auch die Geschichte."
Mitbringen sollten Menschen, die sich für dieses Handwerk interessieren, daher auch das Interesse an der Zeit, in der die Bauwerke entstanden sind, die restauriert werden müssen. "Außerdem ist Fleiß wichtig, denn man muss unglaublich lange üben", weiß der 50-Jährige, der ebenso wie sein Mitarbeiter Thomas Wiesehöfer die Meisterschule als Jahrgangsbeste abgeschlossen haben. "Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass nur ein Prozent Talent ist, der Rest ist Fleiß."