Die Leidenschaft für Fleisch und die Wertschätzung für die Tiere, die dieses Fleisch liefern, spürt man sofort bei Bianca Bollweg-Kösterkamp und ihrem Sohn Maximilian Kösterkamp. Die beiden lassen es sich daher nicht nehmen, regelmäßig zu dem Landwirt zu fahren, der ihre Duroc-Strohschweinen auf seinem Hof hält. "Die Schweine lassen sich super gerne streicheln und kommen uns daher immer schon entgegen", erzählt der Fleischergeselle.

"Unsere Duroc-Strohschweine sind eine Mischung aus Piétrain- und Duroc-Schwein", so Maximilian Kösterkamp. "Sie stehen auf Stroh, haben wesentlich mehr Auslauf als die Tiere in der klassischen Schweinehaltung und werden auch nicht schon nach vier bis sechs Monaten geschlachtet, sondern stehen mindestens acht bis neun Monate und manche auch schon mal ein ganzes Jahr." Die sonst üblichen drei Fütterungen am Tag gibt es nicht, denn die Duroc-Strohschweine, die der Landwirt aus Wadersloh im Auftrag der Fleischereifamilie hält, können jederzeit fressen, wenn sie möchten.

"Die Tiere stehen deutlich länger, leben artgerecht und bekommen jeden Tag frisches Stroh", erklärt Bianca Bollweg-Kösterkamp, die die Fleischerei vor über zehn Jahren von ihrem Vater übernommen hat. "Das Fleisch hat daher eine Top-Qualität und diese sehr gute Qualität merkt man dem Fleisch deutlich an. Da hat man schon etwas Hochwertiges in der Pfanne." Die Idee mit den Duroc-Strohweinen hatte seinerzeit ihr Sohn. "Maximilian kommt regelmäßig auf mich zu und berichtet von Rassen, die ich zum Teil gar nicht kenne. Aber das ist das Gute bei uns, denn hier arbeiten Jung und Alt nicht nur zusammen, sondern wir ergänzen uns. Wir schätzen die Traditionen und sind zugleich offen für Neues. Mein Vater Bernhard war offen für meine Ideen und auch ich gebe gerne meinem Sohn und auch den Mitarbeitern die Möglichkeit, sich mit ihren Ideen einzubringen. Denn nur so kann sich unser Unternehmen weiterentwickeln."

Teilstück eines Wagyu-Ochsen
Fleischer Maximilian Kösterkamp, der zurzeit die Meisterschule in Landshut besucht, holt ein Teilstück eines Wagyu-Ochsen aus dem Dry Ager. In diesem Schrank reifen Fleisch, Schinken und Würste über einen bestimmten Zeitraum bei kontrollierter Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftbewegung und Luftqualität. Foto: Gabi Bender

So landet auch schon mal ein Angus-Rind, ein Dexter-Rind, ein Galloway, ein Highlander oder auch ein Wagyu-Rind im Kühlhaus des Lippstadt Betriebs in der Bastionstraße 15. "Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Tiere in der Region und unter sehr guten Bedingungen aufgewachsen sind", sagt Maximilian Kösterkamp, "denn das ist uns wichtig." Bei den Tieren versucht das erfahrene Team stets, alles zu verarbeiten. "Daher kann es durchaus vorkommen, dass wir irgendwann kein Filet mehr haben", sagt Bianca Bollweg-Kösterkamp. "Unsere Kunden verstehen das aber und kaufen dann etwas anderes." Ein Umdenken hat die Inhaberin auch im Bezug auf den Qualitätsanspruch und die Häufigkeit des Fleischkonsums festgestellt. "Es gibt immer mehr Menschen, bei denen nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch kommt, aber wenn, dann soll es etwas Hochwertiges sein."

In diesem Jahr feiert der Familienbetrieb sein 75-jähriges Bestehen. Neben der Fleischerei bietet er von montags bis samstags einen Mittagstisch mit frisch zubereiteten Tagesgerichten an, die auf Wunsch sogar geliefert werden. Auch die Gemeinschaftsverpflegung für Kindergärten, Schulen und Betriebe sowie einen Partyservice gehört zum Leistungsumfang. Während einige Handwerksunternehmen mit Nachwuchssorgen zu kämpfen haben, sieht es beim Traditionsbetrieb von Bianca Bollweg-Kösterkamp gut aus, auch wenn die vierte Generation seit einigen Wochen wieder die Schulbank drückt. Bei der Schule handelt es sich allerdings um die 1. Bayerische Fleischerschule Landshut, bei der Maximilian Kösterkamp derzeit seinen Fleischermeister macht und damit in die Fußstapfen seines Opas trifft, der ebenfalls dort seinen Fleischermeister gemacht hat.

Fleischer Maximilian Kösterkamp
Mit Fleischer Maximilian Kösterkamp ist bereits die vierte Generation in dem traditionsreichen Familienbetrieb in Lippstadt tätig. Seine Mutter, Fleischermeisterin Bianca Bollweg-Kösterkamp, hat den Betrieb seinerzeit von ihrem Vater übernommen. Foto: Gabi Bender

Über Verstärkung würde sich Bianca Bollweg-Kösterkamp dennoch freuen. "Wir würden gerne einem Azubi die Möglichkeit geben, bei uns die vielfältige Arbeitswelt des Fleischers oder des Fleischereifachverkäufers kennenzulernen", so die stellvertretende Obermeisterin der Fleischer-Innung Hellweg-Lippe. "Das Gute bei beiden Berufen ist, dass man dabei wirklich fürs Leben lernt, denn das Wissen und die Erfahrung kommen einem auch in der eigenen Küche zugute."

Drei Antworten von...

...Ernst-Alfred Kleeschulte, Obermeister der Fleischer-Innung Hellweg-Lippe

Obermeister Kleeschulte

1. Wie wichtig ist es für Ihr Gewerk, dass Menschen mit verschiedenen persönlichen und beruflichen Hintergründen im Handwerk ein "Zuhause" finden? 

Menschen bringen verschiedene Begabungen mit, die sie im Handwerk ausleben können. Das Handwerk lebt von kreativen und interessierten Mitarbeitern, für die dann ein sicherer und lebenslanger Arbeitsplatz bedeutsam ist.

2. Nicht nur die Menschen, sondern das Handwerk selbst ist vielfältig. Wie erleben Sie diese Vielfalt in Ihrem Gewerk?

Durch die vielfältige Produktionspalette sowie saisonale Erzeugnisse ist jeder Tag anders, abwechslungsreich und herausfordernd. Vor allem das tägliche gute Umgehen mit Kunden, abwechslungsreichen Tätigkeiten und Herausforderungen sowie das Erfüllen spezieller Kundenwünsche sind sehr interessant.

3. Wie sehen die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen in Ihrem Gewerk aus?

Junge Menschen können sich beruflich nach dem Gesellenbrief weiter zum Meister, zum Verkaufsleiter fortbilden. Auch ein Studium der Lebensmitteltechnik ist gut möglich. Viele Handwerksbetriebe warten heute schon auf einen qualifizierten Nachfolger.

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