Ein Blick auf die Ladefläche eines Nutzfahrzeugs oder auf das Interieur eines Reisemobils der Klasse VW California, Mercedes Marco Polo, Westfalia und Ford Nugget verrät es nicht. Die Bodenplatten und Einbauten der Campervans stammen aus Hamm Bockum-Hövel. Die Tischler der MHK Automotive bestücken die Premium-Wohnmobile mit Schränken und Küchenzeilen, sorgen bei VW für den robusten Untergrund der Ladefläche etwa für Handwerker oder für das wohnliche Ambiente für Familien im Multivan. Die Firma "An den Fördertürmen 15" ist ein sogenannter Hidden Champion.

Komplette Küchenzeile mit Elektrogeräten

Mehrere hundert Module fertigen die Spezialisten in der Woche aus unterschiedlichen Materialien. Systemmöbel für die Chassis der Automobilhersteller, die das Werk "fix und fertig" verlassen, wie der geschäftsführende Gesellschafter und Tischlermeister Martin Kraienhemke nicht ohne Stolz erzählt. Einbauschränke und Küchenzeilen verlassen den Familienbetrieb komplett mit Elektrogeräten, Gaskochern inklusive Gas- und Stromleitungen. Der Kunde verschraubt sie in der Endmontage der Reisemobile und Bullis.

Benni Ecker messt ein Holzstück
Passgenau: Bei MHK Automotive bekommen Kunden hochwertige individuelle Einbaumöbel, für die die Mitarbeiter, hier Benni Ecker, bis ins Detail hohe Standards erfüllen. Foto: Markus Liesegang

Hohe Ansprüche an die Qualität

Die Qualitätsanforderungen an den besonderen Zulieferer aus Bockum Hövel sind hoch. Zertifiziert ist das Hammer Unternehmen über die Qualitätsnorm ISO 9001. Entsprechend hoch sind auch die Ansprüche der Geschäftsführung an die 115 Mitarbeiter. Wer nicht Tischler ist, wird intern zu einem solchen "weitergebildet". Entscheidend ist die Motivation, das bestmögliche Ergebnis erzielen zu wollen. Die meisten Beschäftigten sind direkt involviert – der Familienbetrieb pflegt eine flache Hierarchie mit schlanker Verwaltung.

"Eben diese Motivation sowie technisches Verständnis, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit setze ich bei Bewerbungen voraus", sagt Martin Kraienhemke. Bei Zuschlag erwartet den Auszubildenden zum Tischler ein enorm großes und spannendes Aufgabenfeld. "Vom Handhobel bis zum Roboter, der momentan die Bodenplatten der T-Mobile mit Dämmplatten bestückt: Alles, was heute im Beruf gefordert ist, wird bei uns genutzt", erklärt der 38-Jährige. Elf CNC-Maschinen sind die Basis für die Bodenplatten der VW, Seitenteile von Heckschränken und solche mit Dämmung für Einbaukühlschränke, Türen für Stauraum. Darüber hinaus erfüllt das Unternehmen exklusive Designwünsche der Automobilhersteller mit speziellen Formteilen, gefertigt mit eigenen Vakuumpressen.

"Wir setzen die Ideen unserer Kunden um"

Otto Kraienhemke gründete die Tischlerei 1957 mit den Geschäftszweigen Bestattung und Innenausbau. Martin Kraienhemkes Eltern Mareile und Mathias erweiterten das Angebot in den 1980er Jahren als Zulieferer der Möbelindustrie. "Dadurch hatten wir das Know-how, um Systemmöbel für Reisemobile mitzuentwickeln und zu produzieren", erzählt Martin Kraienhemke, der 2010 ins Unternehmen einstieg und seit zehn Jahren neben seinem Vater Matthias Co-Geschäftsführer ist. "Wir sind ein Entwicklungslieferant, setzen die Ursprungsidee der Kunden mit unserer Expertise um, führen mit unseren Holztechnikern eine detaillierte CAD-Konstruktion aus und erstellen einen Prototyp, der serientauglich ist."

Wohnmobile-Schränke und -Küchenzeilen im Bau
Die Tischler der MHK Automotive bestücken unter anderem Premium-Wohnmobile mit Schränken und Küchenzeilen. Foto: Markus Liesegang

Eigenmarke Movaso mit Einbauten für Vans

Dem Entwickeln der passgenauen Einbaumöbel für große Automobilhersteller und Reisemobil-Produzenten entsprang zudem eine eigene Marke. Der Campingausrüster Movaso bietet maßgeschneiderte mobile Heckküchen und Bettsysteme für Vans.
Der ökologische Fußabdruck von MHK Automotive ist trotz der sehr guten Auftragslage und Dreischicht-Produktion gering. "Auch das ist uns wichtig", betont der Familienvater. "Wir nutzen eine PV-Anlage, um eigenen Strom nutzen zu können, heizen mit Hackschnitzeln, transportieren die Module in Mehrweg-Verpackungen und sind nach ISO 14001 im Umweltmanagement zertifiziert."

Drei Antworten von...

...Andreas Schwienhorst, Obermeister der Tischler-Innung Hamm

Andreas Schwienhorst, Obermeister der Tischler-Innung Hamm

1. Wie wichtig ist es für Ihr Gewerk, dass Menschen mit verschiedenen persönlichen und beruflichen Hintergründen im Handwerk ein "Zuhause" finden?

Unser Handwerk lebt von Vielfalt – sowohl bei den verwendeten Materialien wie Holz, Metall und Kunststoffe als auch bei den handelnden Personen – ob kulturell, bildungstechnisch oder vom bisherigen Lebensweg her. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels müssen wir offen sein und Menschen eine Perspektive geben. Wer mit Herzblut bei der Sache ist und bereit ist anzupacken, ist bei uns willkommen. Das Tischlerhandwerk ist wie eine Familie – man unterstützt sich, lernt voneinander und wächst gemeinsam.

2. Nicht nur die Menschen, sondern das Handwerk selbst ist vielfältig. Wie erleben Sie diese Vielfalt in Ihrem Gewerk?

Im Tischlerhandwerk ist kein Tag wie der andere. Jeder Auftrag, jedes Werkstück bringt neue Herausforderungen und Wünsche der Kunden mit sich. Mal geht es um filigrane Möbel, mal um komplexe Innenausbauten. Genau diese Abwechslung macht unser Gewerk so spannend. Man muss kreativ sein, lösungsorientiert denken und mit den Händen etwas Einzigartiges schaffen – das begeistert mich jeden Tag aufs Neue.

3. Wie sehen die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen in Ihrem Gewerk aus?

Die Perspektiven im Tischlerhandwerk sind ausgesprochen gut. Wer sich engagiert zeigt, dem stehen viele Türen offen – ob zum Meister, Techniker, Gestalter im Handwerk oder sogar zum Studium. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zur Spezialisierung, sei es im Möbelbau, in der Denkmalpflege oder im Bereich moderner Innenarchitektur. Das Schöne ist: Man kann sich weiterentwickeln und trotzdem bodenständig bleiben. Das Handwerk bietet jungen Menschen eine sichere und erfüllende Zukunft.

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