Kreativität und Kommunikation
Autor: Michael Girkens
Kreativität. Das ist das erste Wort, das Stephan Scholz sagt, wenn er gefragt wird, was einem Auszubildenden im Friseurhandwerk wünscht. Scholz betreibt seit der Jahrtausendwende einen eigenen Salon mitten in Hamm an der Ecke Borbergstraße und Feidikstraße, hat zwei Angestellte und derzeit keinen Azubi. Und auch vielen anderen Stellen im Gespräch kommt das Adjektiv kreativ vor.
„Man muss es lieben, Haare anzufassen und zu stylen.“ Friseurmeister Stephan Scholz lebt seinen Beruf. Foto: Andreas Rother
Zwei weitere Kriterien nennt Scholz, wenn er über die Ausbildung zum Friseur spricht. Nummer eins: „Man muss es lieben, Haare anzufassen, Freude haben, es zu berühren.“ Und: „Wer Friseur ist, muss gerne mit anderen Menschen kommunizieren wollen.“ Ohne das geht’s nicht. Die lockere Plauderei am Stuhl, das Erzählen und vor allem das Zuhören sind wichtig, das baut die Verbindung zu dem Kunden auf, der vordergründig vielleicht nur die Haare nachschneiden lassen will. Scholz: „Am besten ist es, wenn die Chemie zwischen dem Kunden und mir stimmt.“ Wobei: Das Wort „Kunde“ gefällt Scholz nicht wirklich, das sei zu steril. Er will nach Möglichkeit eine Beziehung zu dem Menschen aufbauen, der sich die Haare schneiden lassen will.
Das Lebensgefühl des Kunden erspüren, um Wünsche zu erfüllen
Kommunikation braucht’s laut Stephan Scholz schon, bevor die Schere gezückt wird. Zuerst gehe es doch darum, herauszufinden, was der Kunde will. Man muss nachfragen, sagt Scholz, sich den Wünschen annähern – und am Ende mitdenken, mitfühlen, das Lebensgefühl des Kunden erspüren. Und vielleicht ergebe sich dann die gewisse Freiheit, der Kreativität Lauf zu lassen. „Diese Freiheit ist notwendig, damit die Kreativität Platz hat“, sagt der Friseurmeister, „und natürlich muss man Zeit haben“.
Die Basis von allem, das betont Stephan Scholz aber auch ganz deutlich, ist das Handwerk. Mit zwei linken Händen hätte der Ausbildende ein Problem, ein wenig Geschicklichkeit sei notwendig. Zum Profil der Ausbildung gehören unter anderem das Waschen und Pflegen der Haare, Hygiene und Sauberkeit, Haareschneiden mit Schere und anderen Geräten. Chemie kommt ins Spiel beim Haarefärben, Haare wollen mal in Locken gelegt, mal geglättet werden. Noch ein Stichwort: umformen. Hier ist alles möglich. Und am Rande gibt es weitere Tätigkeiten: Frisieren, Kunden beraten in Sachen Haarstyling, Hände und Nägel pflegen – all das gehört zur Ausbildung, ebenso wie Makeup auftragen und das Verkaufen von kosmetischen und Haarpflegeartikel.
Freude an Kommunikation und am Handwerk – das lebt im Salon Scholz das gesamte Team. Die Kunden schätzen das sehr. Foto: Andreas Rother
Künstler und Trendsetter mit Spaß am Styling und Make-up
Was Stephan Scholz mit seinen Worten beschreibt, findet sich auf ausbildung.de wieder, einer Homepage, die Ausbildungsberufe beschreibt. Wer den abwechslungsreichen Beruf des Friseurs erlernen will, hat zumindest einen kleinen Künstler in sich: „Du bist kreativ und hast Spaß an Styling und Make-up.“ Und man richtet sich nach den Wünschen des Kunden.
Aber auch der Trendsetter ist gefragt: „Als Trendsetter präsentierst du dich nicht nur selbst modisch und gut gestylt, sondern bist auch immer up to date, was die aktuellen Trends angeht.“ Und die Kommunikation und das Einfühlen, die Scholz anspricht, wird hier so formuliert: „Menschenkenner: Weil du viel unter Leuten bist, kannst du deine Mitmenschen gut einschätzen und weißt, wie ausgefallen deine Vorschläge bei einer Typberatung sein dürfen.“
Der damals jüngste Friseurmeister in NRW will gefunden werden
Stephan Scholz, Anfang 60, war selbst sozusagen erblich vorbelastet, denn seine Mutter betrieb einen Salon, als er noch Kind war – und das schräg gegenüber von Scholz‘ Salon. Mit 14 Jahren ging er bei seiner Mutter in die Lehre, besuchte ein Friseurinternat und wurde 1978 Geselle. Am 24. Mai 1984 bestand er die Meisterprüfung – und war damals der jüngste Friseurmeister in ganz Nordrhein-Westfalen. Drei Jahre später übernahm er den Salon seiner Mutter, um die Jahrtausendwende zog er nach schräg gegenüber an die Ecke Borbergstraße und Feidikstraße.
Das Konzept für seinen Salon lautet: „normal bleiben“, auch der Ausdruck gehört zu seinem Wortschatz, und: authentisch. Eine familiäre Atmosphäre hat sich hier heimisch gemacht, das Verhältnis zu seinen Angestellten ist vertraut. Es fehlt nur der Azubi, nach dem sucht er aber nicht aktiv. Scholz: „Ich möchte gefunden werden, ich erwarte Eigeninitiative.“ Das brauche ein Azubi auch, wenn er einen Kunden anspreche, der den Salon betrete. Und was er noch braucht, ist natürlich handwerkliches Geschick, Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen – und Kreativität.
Neben der Liebe zu Haaren und zum Styling gehören Geschick im Handwerk und ein Gespür für Menschen zum Friseurberuf. Foto: Andreas Rother
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1. Was ist für Sie das Beste an Ihrem Handwerk?
Da gibt es eine ganze Palette. Als Friseure und Friseurinnen beeinflussen wir das Straßenbild positiv. Unser Beruf ist sehr abwechslungsreich und erlaubt eine große Kreativität. Wir können Menschen innerhalb von kürzester Zeit glücklich machen. Außerdem gibt es einen intensiven und ständigen Austausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen, da hier eine große Kollegialität herrscht.
2. Was können junge Menschen nach der Ausbildung in diesem Handwerk machen?
Viele denken dabei sofort an den Meisterbrief und die Selbstständigkeit, aber die Möglichkeiten sind deutlich vielfältiger: Der Beruf bringt viele Facetten mit sich, verschafft sofort Erfolgserlebnisse, wenn die Menschen glücklich sind – das ist eine riesige Motivationsquelle. Ein Beispiel ist der Bereich Social Media, der in unserer Branche sehr populär ist. So lassen sich zwei Dinge miteinander vereinen: der erlernte Beruf und die ganze Bandbreite der sozialen Medien. Da in unserer Branche starke Kooperationen mit dem Ausland bestehen, können die jungen Menschen auch gut Erfahrungen in anderen Ländern sammeln und dort arbeiten. Und natürlich sind verschiedene Fortbildungen, der Meisterbrief und die Selbstständigkeit eine Möglichkeit.
3. Was überrascht die Menschen am meisten, wenn Sie von Ihrem Handwerk erzählen?
Die meisten Menschen sind überrascht davon, wie vielfältig unser Beruf tatsächlich ist, wie viele Facetten er hat und wie viele Möglichkeiten er bietet. Kaum ein Handwerk ist wie das Friseurhandwerk, wir arbeiten rein individuell, sind zum Beispiel nicht an Standardmaße oder Ähnliches gebunden wie andere Handwerksberufe. Die Möglichkeit zur fachlichen und persönlichen Entwicklung ist groß. Auch die Bedeutung der sozialen Medien in unserer Branche überrascht viele.
Die Fakten zur Ausbildung
Ausbildungsdauer:
3 Jahre
Monatliche Vergütung ab:
710 € im 1. Lehrjahr
830 € im 2. Lehrjahr
955 € im 3. Lehrjahr
Abgeschlossene Ausbildungsverträge in 2023:
16 / 48 insgesamt
Berufsschulstandort:
Hamm
Zahl der Innungsbetriebe:
47
Der Beruf in aller Kürze
Friseure und Friseurinnen beraten ihre Kunden bei der Wahl einer passenden Frisur. Dann waschen, schneiden, pflegen und frisieren sie die Haare. Je nach Wunsch färben sie die Haare auch oder legen Dauerwellen. Sie ergänzen Frisuren mit künstlichen Haarteilen, die sie zum Teil selbst herstellen, verlängern Haare mit künstlichen Strähnen (Extensions) oder beraten ihre Kunden bei der Auswahl, Verwendung und Pflege von Perücken und Toupets.
Zum Herrenfach gehört es zudem, Bärte zu rasieren, zu pflegen und zu formen. Friseure und Friseurinnen führen auch kosmetische Behandlungen der Haut sowie Hand- und Nagelpflege durch und beraten Kunden über Kosmetikprodukte. Darüber hinaus bedienen sie die Kasse, führen Abrechnungen durch und vereinbaren Kundentermine.
Weitere Infos zur Ausbildung unter www.friseurhandwerk.de