Marlon Sell kniet im Flur vor der Schwelle zum Wohnzimmer und streicht den Fliesenkleber auf dem Estrich glatt. Dann greift er hinter sich, nimmt die Fliese und fügt sie genau dorthin, wo sie hin muss. An solche Bilder denkt, wer das Wort Fliesenleger hört – und das ist zum einen auch richtig. Andererseits: Der Beruf hat wesentlich mehr zu bieten.
Sell, 19 Jahre alt und Azubi im zweiten Lehrjahr bei dem Hammer Unternehmen Fliesen Löscher, geht gedanklich die vergangenen Tage und Wochen durch. Neulich einem Zechenhaus: Die Wände sind schief, so dass seine Aufgabe darin besteht, sie beizuspachteln. An anderen Tagen macht er mit seinen Kollegen in Neubauten auch einfach mal Meter, weil die Wände so gut sind, dass er nur noch Fliesen auf der Wand anbringen muss. Und wieder ein paar Tage später stemmt er Fliesen in einem 70er-Jahre-Bad ab. Und in der Villa Ende vergangener Woche drückt er LED-Leuchtschienen zwischen die frisch an der Wand geklebten Fliesen. Voraussetzung für alle diese Arbeiten: Die Fläche muss glatt und eben sein. Und die Fliesenlegerei, auch das wird deutlich, kann auch viel mit Kreativität, Geschmack und Lifestyle zu tun haben.
Fliesen gibt es heute in allen Größen
Alexander Löscher ist sein Chef und Inhaber des Unternehmens Fliesen Löscher. Er bestätigt den Eindruck von Marlon Sell: "In den vergangenen zehn, zwanzig Jahren hat sich unser Berufsbild grundlegend verändert", sagt er, "heute sind das Verlegen von Fliesen und die Arbeiten drumherum extrem vielseitig". Das war früher anders, da habe der Job darin bestanden, 15 mal 15 Zentimeter große Fliesen in Speiß zu legen – und Punkt.


Unbestritten ist, dass sich der Job des Fliesenlegers massiv verändert hat. Das liegt an vielen Aspekten. Fliesen heute gibt es in allen Größen und Farben – bis zur 1,20 mal 2,70 Meter großen Fliese, die den 1,89 Meter großen Chef deutlich überragt. Es liegt an den Farben und Motiven, die die Fliesen bieten, an neuen Techniken wie die Beleuchtung durch LED-Bänder in den Fugen oder elektrischen Fußbodenheizungen, die schneller gelegt sind als eine herkömmliche Fußbodenheizung. Und es liegt an den Arbeiten, die dazu gekommen sind – Strukturputz auftragen, Ablaufrinnen einbauen, Barrierefreiheit herstellen sind da nur einige der Stichworte.
Ausbildung in Betrieb, Berufsschule, Bauhof
Drei Jahre dauert die Ausbildung zum oder zur "Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/in" und ruht auf drei Säulen: Ausbildung im Betrieb, in der Berufsschule und im Bauhof – letzterer liegt für Marlon Sell in Soest. Für ihn wie für seinen 54 Jahre alten Chef Alexander Löscher ist vor allem das Lernen im Lehrbetrieb zentral: Alle aktuellen Techniken in der sich schnell entwickelnden Branche werden hier aus- und eben eingeübt.
Fliesen Löscher hat viel Erfahrung in der Ausbildung. Das von Alexander Löschers Vater vor 60 Jahren gegründete Unternehmen hat im Laufe der Jahrzehnte rund 50 Fliesenleger ausgebildet, und die derzeit 20-köpfige Belegschaft besteht hauptsächlich aus früheren Azubis – gerade mal zwei lernten ihr Handwerk nicht bei Löscher.

Sanierung und Neugestaltung von Badezimmern
Neben den handwerklichen Kompetenzen spielen auch Kreativität und das Zwischenmenschliche eine Rolle, wenn man seinen Job als Fliesen-, Platten- und Mosaikleger gut machen will. Denn auch der Kontakt mit den Kunden ist wichtig. Welche Wünsche hat der Kunde? Entwickelt er weitere Vorstellungen? Braucht er weitere Beratung, auch wenn das erste Beratungsgespräch schon stattgefunden hat? Der größte Teil der Arbeiten besteht in der Sanierung und Neugestaltung von alten Badezimmern in privaten Häusern – da ist ein guter Draht zum Kunden ausgesprochen hilfreich.
Denn die Fliesen haben sich ja nicht nur in der Größe verändert, sondern auch im Design. Gab es früher Farben wie hellgelb oder froschgrün, so werden heute auch Motive mit eingebrannt. Marlon Sell zum Beispiel klebte auf seiner Baustelle Fliesen in Küche und Wohnzimmer, die wie Holzplanken aussahen.